Ückück und das Fediverse: Warum sind die Server nicht offen?

Ückück und das Fediverse: Warum sind die Server nicht offen?

Bewerbungen, Zugangstoken etc. – das freie Netzwerk Fediverse ist bereits bei der Registrierung gar nicht mehr so frei, wie die eine oder der andere vielleicht denken mag. Denn viele Server haben keine offene Anmeldung. Was hinter den Zugangshürden steckt, behandelt dieser Meinungsbeitrag.>

Titelbild: Eine über und über beklebte und in Rosa gefärbte verschlossene Tür. Darüber hinaus stellt sich in Grün die Frage: Warum sind die Server nicht offen?

Hörversion des Artikels(7 min 42 s)

Für viele ist es ein gar nicht so einfacher Weg, bis sie den ersten Schritt in das Fediverse wagen. Wenn die Fragen nach der passenden Software und einem interessanten Server beantwortet sind, gibt es oft noch eine kleine Zugangshürde, bevor es mit der Registrierung losgehen kann. Es wird um eine Art Bewerbungstext gebeten, ein Einladungsnachweis verlangt oder es sollen die Admins des Servers kontaktiert werden. Doch woran liegt das? Ist nicht die Idee hinter dem Fediverse, dass alle selbstbestimmt mitmachen können? Warum ist dann die Anmeldung bei so vielen Servern nicht offen? Wird hier einfach Gatekeeping betrieben?

Von außen ist es oft nicht ganz so einfach nachvollziehbar, was es für Gründe gibt, unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen für Server zu nutzen. Deshalb plaudere ich in diesem Beitrag ein wenig aus dem Nähkästchen, warum auch die Server, bei denen ich meine Finger im Spiel habe, nicht alle eine offene Registrierung nutzen.

Textplattformen

Vor allem bei den Textplattformen gibt es unterschiedliche Regelungen, wie öffentliche Server, auch Server, die nicht nur für eine geschlossene Gruppe an Leuten betrieben werden, ihren Zugang beschränken.

Einige Server haben Zugangs-Token bzw. eine Art Einladungsmechanismus, aber auch die Bitte um einen kurzen Bewerbungstext, ist nicht unüblich. So ist eine kleine Bewerbung auch für die Nutzung der Mastodon Ich arbeite mit, dresden.netznotwendig. Beim Registrierungsprozess wird abgefragt, warum die Nutzenden sich auf unserem Server niederlassen wollen.

Screenshot von einem Teil des Anmeldeprozesses bei dem Mastodon-Server dresden.network. Zu lesen ist: Registrierungen für den Server dresden.network werden manuell durch unsere Moderator*innen überpr&uumlüft. Um uns dabei zu unterstützen, schreibe etwas über dich und sage uns, weshalb du ein Konto auf dresden.network anlegen müchtest.

Der Server dresden.network hatte allerdings nicht immer diese kleine eingebaute Zugangshürde. Früher war die Registrierung noch offen. Allerdings mussten mit dem starken Wachstum des Fediverse, vor allem der Plattform Mastodon, einige Vorkehrungen getroffen werden, um weiterhin einen gut moderierten Server für unsere Nutzenden zu gewährleisten, da es mit der offenen Registrierung immer mehr Probleme gab.

Zum einen kamen mit der ansteigenden Bekanntheit des Netzwerkes auch immer mehr Spam-Bots auf, die zunehmend zur Belästigung wurden. Seit ich im Team bin haben wir schon verschiedene Bot-Wellen erlebt. So gab es Spam zu Kryptowährungen, aber auch Love-Scams und aktuell sind falsche Verifizierungsaufforderungen ein großes Problem. Diese Bots registrieren sich massenhaft auf offenen Servern und schreiben verschiedene Profile an.

Auch wurde die Anzahl von eher zweifelhaften Profilen immer größer. Von gut bekannten Internet-Trollen bis hin zu Menschen, die jegliche Werbung auf von Privatpersonen betriebener Infrastruktur teilen wollen, ist alles dabei.

Doch manchmal sind es auch nur menschliche Inkompatibilitäten, die dafür sprechen, nicht einfach ungefiltert jede Person auf einen Server zu lassen. So hatte dresden.network 2022, als der Server noch eine offene Registrierung hatte, eine Welle von Anmeldungen aus dem südamerikanischen Raum. Plötzlich waren da ganz viele, sicher sehr nette, Menschen, die sich auf Portugiesisch und Spanisch unterhalten haben. Da wir im Team allerdings beide lediglich Deutsch und Englisch sprechen, keine zuverlässige Moderation für diese Menschen gewährleisten konnten und eine Lokalinstanz f&uumlr den Dresdner-Raum betreiben, mussten wir diese Accounts leider des Servers verweisen.

Audio- und Videoplattformen

Aber so viele gute Gründe es auch für Textplattformen gibt, die Registrierung nicht offen zu gestalten, die Gründe den Upload auf Audio- und Videoplattformen nicht ohne Kontrollmechanismen anzubieten, sind noch gewichtiger. Denn neben den oben bereits genannten Argumenten, kommt bei diesen Servern noch hinzu, wie schwer der oft ausufernde Content zu moderieren ist;

Ich selbst betreibe den Castpod-Server podcasts.homes. Da gerade bei Podcasts nicht unwahrscheinlich ist, dass ein einzelner Beitrag mehrere Stunden lang ist, liegt vermutlich auf der Hand, dass die meisten Serverbretriebenden von öffentlichen Castopod-Instanzen nicht alle Beiträge auf ihrem Server kennen. So geht es auch mir. Zudem werden Podcastfolgen, auch wenn sie mit einer Fediverse-Software veröffentlicht werden, nicht automatisch von den Menschen als Beiträge im Fediverse erachtet und es besteht die Gefahr, dass mir als Serverbetreiberin problematische Inhalte nicht gemeldet werden. Deshalb habe ich die Registrierung prinzipiell abgeschlossen. Auf Anfrage und auf Vertrauensbasis können sich zwar Podcast-Projekte gerne registrieren, aber mir ist es einfach ein zu hohes Risiko, die Nutzung des Servers für Fremde offenzulassen.

Aber auch beim Thema Podcasts unterscheiden sich die Herangehensweisen der Serverbetreibenden stark. Als ich in der Vergangenheit auf der Suche nach einem Zuhause für meine Podcasts diverse Funkwhale-Server getestet habe, sind mir auch offene Server oder Server, bei denen ich eine Bewerbung für die Registrierung verfassen musste, begegnet.

Ein noch speziellerer Fall ist allerdings der Zugang zu Videoplattformen. In Gespr&auml chen mit mehreren Admins von PeerTube-Instanzen habe ich gelernt, dass diese vor allem mit der Moderation rechtsextremer Inhalte zu kämpfen haben. Das betrifft zum einen die Frage, wie sie die Föderation mit anderen Servern gestalten, aber zum anderen auch, wie der Registrierungsprozess gestaltet werden muss.

Da in den letzten Jahren neue rechtsextreme Bewegungen immer mehr von YouTube ausgeschlossen wurden, haben sich diese neuen Alternativen erschlossen, um Redebeiträge von Demonstrationen, Propagande-Videos und ähnliche Inhalte zu verbreiten. Natürlich sind sie dabei auch auf das Fediverse und PeerTube gestoßen. Um den eigenen Server davor zu schützen, dass er für den Upload solcher Videos genutzt wird, haben viele Server mittlerweile eine Registrierung nach Anfrage eingerichtet.

Fazit

Auch im Fediverse gibt es Spam und verfassungsfeindliche Inhalte. Ein Weg, deren Verbreitung entgegenzuwirken, ist es, den Zugang zum Netzwerk zu beschränken.

Natürlich können diese zusätzlichen Hürden bei der Registrierung für viele abschreckend wirken. Aber ich hoffe, dass dieser Einblick in einige der Beweggründe, warum Serverbetreibende sich für eine beschränkte Registrierung entscheiden, zumindest ein wenig Verständnis f&uumlr diese Maßnahmen vermitteln konnte.

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Dieser Beitrag ist der 16. Artikel meiner Kolumne hier bei GNU/Linux.ch. An jedem ersten Montag im Monat erscheint ein neuer Meinungsbeitrag von mir zum Fediverse.Weiterführende Links:

https://podcasts.homes/@ueck_und_das_fediverse/episoden/waruum-sind-die-server-nicht-offen
https://hopidd.de/mastodon

https://dresden.network
https://gnulinux.ch/fediverse-serie-castopod-podcast-hosting-mit-fediverse-anschluss
https://podcasts.homes
https://gnulinux.ch/fediverse-serie-funkwhale-audiostreaming-mit-walen-im-fediverse
https://gnulinux.ch/serie-fediverse-peertube-freier-videodienst
https://gnulinux.ch/wzs-ueckueck-und-das-fediverse

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